Offener Brief an das Interdisziplinäre Zentrum für europäische Aufklärung (IZEA Uni Halle) und das Seminar für Judaistik/Jüdische Studien der Universität Halle
sehr geehrter Herr Professor Dierken, sehr geehrter Herr Professor Fraisse, sehr geehrter Herr Professor Fulda,
Wenn Sie die Veranstaltung darüber hinaus in eine Vortragsreihe über den „globalen Antisemitismus“ einbetten, die noch dazu mit einem Bild der zerschossenen Synagogen-Tür von Halle beworben wird, die im letzten Jahr über 50 Betenden das Leben rettete, entsteht sogar der Eindruck, Sie wollten den gegenwärtigen Antisemitismus verharmlosen. Oder glauben Sie wirklich, dass der Pogromnacht von 1938 angemessen gedacht wird, wenn nicht der Antisemitismus, sondern der „Antisemitismus-Vorwurf“ kritisiert wird? Und denken Sie tatsächlich, dass der „Antisemitismus-Vorwurf“ ein ähnliches Problem darstellt wie der globale Antisemitismus, den seit 1945 hunderte Juden mit dem Leben bezahlen mussten? Um es offen auszusprechen: Auch wenn es im Bewusstsein um die »Dialektik der Aufklärung« leider keine Überraschung ist, dass ein Zentrum für die Erforschung der europäischen Aufklärung und ein Seminar für Jüdische Studien eine solche Veranstaltung am Tag der Reichspogromnacht (und genau einen Monat nach dem einjährigen Jubiläum des Anschlags von Halle) in der Saalestadt stattfinden lassen wollen, ist das ein Skandal.
Nachtrag, 08.11.2020
Vor wenigen Tagen kritisierten wir in einem offenen Brief die Veranstaltung „Antisemitismus-Vorwurf und die Apologie des Kapitalismus: Zum Missbrauch der Dialektik der Aufklärung“, organisiert durch das Interdisziplinäre Zentrum für europäische Aufklärung (IZEA) und das Seminar für Judaistik/Jüdische Studien der Universität Halle (https://www.facebook.com/agantifaschismus/posts/3624307254257190). Die Veranstaltung wurde mittlerweile durch den Referenten Moshe Zuckermann abgesagt. Seit der Veröffentlichung des offenen Briefs erhielten wir neben viel Zuspruch und Diskussionseinladungen auch eine Stellungnahme der Veranstalter, auf die wir selbstverständlich gern antworten: (mehr …)